Robotik

Von Oma bekam meine Tochter zum Geburtstag einen Hund. Aber keinen richtigen Hund, sondern einen aus Stoff.  Aber der war ziemlich lebendig. Er konnte sprechen und hüpfen und sich im Kreis drehen. Wenn man ihn streichelt gibt er Liebestöne von sich. Das ganze wohl gemerkt kann man im gut sortierten Spielwarenhandel erwerben. Unter der kuscheligen Stoffhülle verbirgt sich ein mit Sensoren ausgestatteter „Roboter“. Zu meiner Zeit kannte man den Begriff Roboter nur aus Filmen oder der Industrie. Nun aber kann man einen Roboter zum kuscheln oder staubsaugen kaufen.

Das Thema Robotik wird für uns und unsere Kinder in naher Zukunft noch eine deutlich wichtigere Rolle spielen als heute. Der Job als „Arbeitssklave“ erfordert keine große Rechenleistung. Die Computerchips von heute und in der nahen Zukunft erlauben ganz andere logische Prozesse. Ausgestattet mit modernen Sensoren können Roboter mit der Umwelt kommunizieren. Modernste Prozessoren lassen eigene Entscheidungen zu. Es ist nur eine Frage der Zeit bis wir vor Problemen stehen die eher im Science Fiction Bereich der Filmbranche zu suchen sind: Wann wird ein Roboter zum Individuum?

So weit wollen wir es an unserer Realschule nicht kommen lassen. Nach langer Planung kam es im Schuljahr 2012/2013 im IT-Unterricht der 10.Klassen zum Modellversuch „Lego-Mindstorm“. Nach einer Phase der Einarbeitung bekamen die Schüler verschiedene Aufgaben die sie selbstständig lösen sollten. Der Roboter musste also zuerst gebaut, dann programmiert und nach einer Fehleranalyse wieder neu gebaut oder umprogrammiert werden.
Er sollte auf Geräusche hören, Farben erkennen, Abstände erkennen, schwarze Linien abfahren, zählen, in einem markierten Bereich bleiben, Steine sortieren usw.

Themen wie „Steuer und Regelprozesse“, „Zusammenspiel von Konstruktion und Programmierung“, „Teamarbeit“ oder „Problem­lösungs­­­­­­strategie“ wurden dabei den Schülern auf spielerische Art und Weise näher gebracht. In Teams zu je 2 Schülern wurde gebaut, programmiert, vernetzt, Fehleranalyse betrieben, ein neuer Lösungsansatz verwirklicht und schließlich mit anderen Teams ein Wettbewerb ausgetragen. Die Schüler waren begeistert und mit voller Leidenschaft am Arbeiten.

Inzwischen ist das Projekt enorm gewachsen und erstreckt sich über mehrere Jahrgangsstufen.
Dabei liegt der Fokus in jeder Jahrgangsstufe auf anderen Themengebieten:

4.Klasse Grundschule

Mit „Story Starter“ werden unsere „Gäste“ aus der Grundschule zu kleinen Autoren Jede Gruppe muss sich für ein Thema entscheiden. Hier gibt es zum Beispiel den Verbrecher, der aus dem Knast ausgebrochen ist, eine Schatzsuche, den Ritter, der seine Prinzessin rettet, oder einen Kleingarten, in dem ein Vulkan ausgebrochen ist. Zu jedem Thema wird nun auf quadratischen Legoplatten eine Szene aufgebaut. Jede Platte entspricht einem chronologisch festgelegten Zeitpunkt, vergleichbar einem Bühnenbild, das immer wieder umgebaut wird. Danach werden mit der digitalen Kamera Bilder der erbauten Meisterwerke geschossen und zusammen mit passenden Bildern aus dem Internet Kollagen in digitaler Form erstellt. Mit einer speziellen Software können die Schüler bequem Bilder bearbeiten und diese in Szene setzen.

Mit „WeDo“ dürfen die Grundschüler Gebäude, Fahrzeuge, Tiere, Gegenstände, Maschinen usw. aus Legosteinen bauen. Durch Motoren und Sensoren wird den Konstruktionen Leben eingehaucht. Ein sitzender Löwe, der auf alles beißt, was ihm ins Maul gelegt wird, ein Torwart, der alle geschnippten Fußbälle aus Papier hält, oder ein Flugzeug, das wilde Rotorbewegungen ausführt, wenn es seine Richtung ändert und vieles mehr wird konstruiert.

8.Klasse technischer Zweig

Mit den „EV3“ Robotern dürfen sich die Schüler der 8.Klasse beschäftigen. Im Gegensatz zu den Bausätzen der Grundschüler, bewegen sich diese Roboter autonomer und besitzen deutlich mehr Sensoren und Aktoren. Die Software lässt auch komplexe Programmierungen wie Schleifen, Schalter, Messungen usw. zu. Auf eine ausgiebige Lernphase folgt der große Wettbewerb: Welches Team schafft es als erstes den Mars zu besiedeln? Um Erfolg zu haben müssen Vorbereitung getroffen werden. Jedes Team muss seinen Roboter so bauen und programmieren, dass er autonom verschiedene Aufgaben im All und auf der Mars Oberfläche ausführen kann. Da der Roboter verschiedene Werkzeuge benötigt um die ihm gestellten Aufgaben zu lösen, darf er in der „Base“ umgebaut werden. Dies kostet allerdings wertvolle Zeit. Am Ende gibt es Punkte für die erreichten Ziele und die dafür benötigte Zeit.

9.Klasse technischer Zweig

Passend zum Baustein „Objektorientierte Programmierung“ aus dem Lehrplan, sollen die Schüler Maschinen und Bauwerke aus dem Alltag so programmieren, dass sie ihren Zweck erfüllen. Im Gegensatz zur 8.Klasse liegt der Fokus auf der Programmierung. Die benötigten Modelle sind relativ schnell konstruiert. Aus Fischertechnik Bauteilen wird eine Ampel gebaut deren Grün und Rotphasen für alle Verkehrsteilnehmer nachvollziehbar sein müssen, eine Wasch­maschine sollte nach dem Waschen auch Schleudern können, ein Treppenhauslicht logisch aufgebaut sein, und eine Eingangstür mit Lichtschranken dem Besucher Komfort bieten. Dies sind nur ein paar Beispiele für zahlreiche andere Aufgabenstellungen. Während die Schüler in der 8.Klasse aus vorgegebenen Bausteinen sehr komfortabel Programme zusammen­stecken konnten, müssen sie nun selbstständig Programmketten aus Einzelelementen aufbauen.

10.Klasse technischer Zweig

In der 10.Klasse heißt das Thema „Roboter in der Industrie“. Im Gegensatz zur 8.Klasse geht es nicht um Roboter die sich wie ein Auto fortbewegen, sondern um Automationsprozesse in einer Industrieanlage. Die Schüler sollen ein Fließband bauen das Gegenstände von A nach B transportiert. Die Gegenstände sollen nach Farbe sortiert werden. Kombiniert man beide Aufgaben, so wird sowohl die Konstruktion als auch die Programmierung extrem knifflig. Die Aufgabe eine kleine vollautomatische Industrieanlage „frei“ zu entwerfen, zu bauen und zu programmieren macht den Schülern enorm Spaß. Recht schnell merken sie jedoch, dass nicht genug Bauteile vorhanden sind um jegliche Wünsche zu erfüllen. Wie auch später in der Wirtschaft muss also mit den zu Verfügung stehenden Ressourcen schonend umgegangen werden. Auch die Programmierung passt oft nicht zu den vorhanden Aktoren und Sensoren. Aber vielleicht kann man durch einen kleinen Trick ein Problem auch anders lösen…

 

Markus von Essen